Die Landtagswahl in Brandenburg 2019 am 1. September 2019 war die Wahl zum siebten Landtag Brandenburgs. Die Wahlbeteiligung lag bei 61,3 Prozent. Am gleichen Tag fand die Landtagswahl in Sachsen statt.
Ausgangslage
Seit der Neugründung des Landes Brandenburg 1990 stellte die SPD durchgehend die stärkste Fraktion im Landtag sowie den Ministerpräsidenten.
Die vorige Wahl zum Landtag fand am 14. September 2014 statt. Stärkste Kraft wurde die SPD vor CDU und Linke, woraufhin es zur Fortsetzung der seit 2009 regierenden rot-roten Koalition in Form des Kabinetts Woidke II unter Dietmar Woidke (SPD) kam.
Bei der Europawahl 2019 wurde in Brandenburg die AfD stärkste Kraft mit 19,9 % der gültigen Stimmen vor der CDU mit 18,0 % und der SPD mit 17,2 %.
Wahlrecht
Das Mindestalter für das aktive Wahlrecht liegt bei 16 Jahren.
Gemäß § 21 des Wahlgesetzes für den Landtag Brandenburg müssen Parteien und politische Vereinigungen, die sich an der letzten Landtagswahl oder an der letzten Bundestagswahl im Land nicht beteiligt haben, dem Landeswahlleiter spätestens am 88. Tag vor der Wahl ihre Beteiligung schriftlich anzeigen.
Gemäß Landesverfassung und Landtagswahlgesetz muss der Wahltermin ein Sonntag oder ein gesetzlicher Feiertag, frühestens 57 und spätestens 60 Monate nach Beginn der Wahlperiode sein. Er wurde auf den 1. September 2019 festgesetzt.
Die Verteilung der Sitze erfolgt nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren. An der Sitzverteilung nehmen nur Parteien und politische Vereinigungen teil, deren Anteil an Zweitstimmen die Sperrklausel von 5 % überschreitet oder die ein Direktmandat in einem Wahlkreis errungen haben (Grundmandatsklausel).
Der Landtag besteht grundsätzlich aus 88 Abgeordneten, 44 werden durch Mehrheitswahl in den Wahlkreisen, die übrigen durch Verhältniswahl nach den Landeslisten der Parteien und Vereinigungen gewählt. Überhang- und Ausgleichsmandate können diese Zahl dabei noch auf maximal 110 erhöhen. Die Einzelheiten dazu sind im Brandenburgischen Landeswahlgesetz festgelegt.
Koalitionsaussagen vor der Wahl
Der amtierende Ministerpräsident Woidke (SPD) lehnte nur eine Koalition mit der AfD nach der Wahl kategorisch ab, aber „alle anderen Varianten seien nicht auszuschließen“. Eine Zusammenarbeit mit der AfD wurde auch von allen anderen Parteien abgelehnt. Vize-Ministerpräsident Görke (Linke) war offen für ein rot-rot-grünes Bündnis. Ingo Senftleben (CDU) sah „Gemeinsamkeiten“ mit den Grünen.
Teilnehmende Parteien
- Spitzenkandidaten der im Landtag vertretenen Parteien
Der Landeswahlausschuss hatte 11 von 13 eingereichten Landeslisten zugelassen:
- Sozialdemokratische Partei Deutschland (SPD)
- Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU)
- Die Linke (Linke)
- Alternative für Deutschland (AfD)
- Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)
- Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen/Freie Wähler (BVB/Freie Wähler)
- Piratenpartei Deutschland (Piraten)
- Freie Demokratische Partei (FDP)
- Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP)
- Partei Mensch Umwelt Tierschutz (Tierschutzpartei)
- V-Partei³ – Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer (V-Partei³)
Piraten, ÖDP, Tierschutzpartei und V-Partei³ hatten zuvor Unterstützungsunterschriften sammeln müssen, um die Zulassung zu erhalten. Die weiteren Parteien sind bereits im Land- bzw. Bundestag vertreten und daher ohne Unterschriften zur Wahl zugelassen.
Die Listen der Partei Die PARTEI sowie der Lausitzer Allianz wurden abgelehnt. Hier lagen mehrere Formfehler vor, insbesondere das Fehlen der geforderten Unterstützungsunterschriften wurde bemängelt.
Ergebnis
Beide Parteien der amtierenden Landesregierung, SPD und Linke, mussten starke Verluste hinnehmen. Trotz der Stimmverluste wurde die SPD erneut stärkste Partei und gewann auch erneut die Mehrheit der Direktmandate, wobei sie insbesondere im Osten Brandenburgs viele Wahlkreise an die AfD verlor, während sie im Westen Brandenburgs einige Wahlkreise der Linken, der CDU und der BVB/FW abgewinnen konnte. Die AfD konnte ihr Wahlergebnis bei ihrer zweiten Landtagswahl beinahe verdoppeln und platzierte sich nur rund drei Prozentpunkte hinter der SPD. Zudem gewann sie nun auch 15 der 44 Direktmandate. Die CDU musste ebenfalls scharfe Verluste verzeichnen und erreichte ihr bisher schlechtestes Ergebnis bei einer brandenburgischen Landtagswahl. Ebenso gelang es ihr nur noch in zwei Wahlkreisen das Direktmandat zu gewinnen. Für Bündnis 90/Die Grünen wurde die Wahl zum Erfolg; sie erreichte erstmals über zehn Prozent der Stimmen und konnte in Potsdam auch ein eigenes Direktmandat erringen. Die Linke verlor fast acht Prozentpunkte und rutschte auf den fünften Platz ab. Mehrere Kleinparteien konnten in der Wählergunst steigen, so überstiegen die Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen/Freie Wähler zum ersten Mal knapp die Fünf-Prozent-Hürde, während die FDP diese trotz Zuwachs weiter verpasste. Die Tierschutzpartei kam aus dem Stand auf 2,6 % der Zweitstimmen.
Übersicht
Wahlergebnis in den Ämtern, amtsfreien Gemeinden und kreisfreien Städten
Die folgenden Karten zeigen die (relativen) Mehrheiten der Erststimmen (l.) und Zweitstimmen (r.) in den Ämtern und amtsfreien Gemeinden sowie den Bezirken, bzw. Stadt- und Ortsteilen, der kreisfreien Städte.
Zweitstimmenanteil der Parteien nach Wahlkreisen
Die folgenden Karten zeigen, mit welchem Ergebnis die Parteien mit mindestens drei Prozent Stimmenanteil in den einzelnen Wahlkreisen abgeschnitten haben.
Regierungsbildung
Für die bestehende rot-rote Koalition, die in Brandenburg seit 2009 regierte, bestand im Landtag keine Mehrheit mehr. Denkbar waren eine rot-rot-grüne Koalition (SPD, Linke, Grüne), eine Kenia-Koalition (SPD, CDU, Grüne) sowie eine Koalition aus SPD, CDU und BVB/FW. Zur Überraschung mancher Beobachter entschieden sich die Akteure gegen eine rot-rot-grüne Koalition und für eine „Kenia-Koalition“ aus SPD, CDU und Grünen. Ministerpräsident Dietmar Woidke wurde schließlich am 20. November 2019 mit den Stimmen der Kenia-Koalition aus SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen wiedergewählt. Er bildete das Kabinett Woidke III, das aus fünf SPD-Ministern, drei CDU-Ministern und zwei Grünen-Ministern besteht.
Wählerstimmen gegenüber 2014 – Wahlverhalten
Umfragen und Prognosen
Sonntagsfrage
Ältere Umfragen
Verlauf
Direktwahl Ministerpräsident
Potenzial-Analyse
Wahlkreis-Prognose
Nachwirken
Die Tierschutzpartei, die bei der Wahl mit 2,6 % ihr bislang höchstes Wahlergebnis auf überregionaler Ebene erzielte, klagte gegen die Tatsache, dass sie in der Wahlberichterstattung des RBB nicht explizit aufgeführt worden war. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschied 2023 zugunsten der Partei.
Siehe auch
- Liste der Mitglieder des Landtags Brandenburg (7. Wahlperiode)
- Liste der Landtagswahlkreise in Brandenburg
Literatur
- Franz Schausberger: Landtagswahl in Brandenburg 2019. In: IRE-Occasional Papers. Nr. 8/2019. Salzburg 2019. S. 251 – S. 258, ISBN 978-3-902557-20-9.
Weblinks
- Landeswahlleiter Brandenburg
- Landtagswahl in Brandenburg 2019. Informationen der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung
- Wer steht wo zur Wahl? Alle Kandidaten in allen Wahlkreisen auf dem Wahlportal der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung
- Fragen und Antworten zur Landtagswahl. Angebot der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung
- Landtagswahl in Brandenburg 2019 auf dem Informationsportal zur politischen Bildung
Einzelnachweise



